Grundlagenwissenschaftlicher Forschungspreis 2024:
Olivier Mercey, Ph.D.
Laudatio
Der Wissenschaftlich-Medizinische Beirat des PRO RETINA Deutschland e.V., sowie der Pro Retina – Stiftung zur Verhütung von Blindheit, bestehend aus den Herren Prof. Frank Holz, Prof. Ulrich Kellner, Prof. Klaus Rüther, Prof. Thomas Langmann, Prof. Olaf Strauss, Prof. Marius Ueffing, Prof. Bernhard Weber, Prof. Hendrik Scholl, Dr. Claus Gehrig, Prof. Christian Grimm und Franz Badura hat
Olivier Mercey, Ph.D.
den grundlagenwissenschaftlichen Forschungspreis 2024 der Pro Retina
Stiftung, des Pro Retina Deutschland e.V. und der Retina Suisse
für seine hervorragende Arbeit die zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Gentherapie geführt hat zuerkannt.
Prämierte Arbeit:
Siebren Faber, Olivier Mercey, Katrin Junger, Alejandro Garanto, Helen May-Simera, Marius Ueffing, Rob W.J. Collin, Karsten Boldt, Paul Guichard, Virginie Hamel, and Ronald Roepman. Gene augmentation of LCA5-associated Leber congenital amaurosis ameliorates bulge region defects of the photoreceptor ciliary axoneme. JCI insight. (2023) 8(10):e169162. Doi: 10.1172/jci.insight.169162.
Herr Dr. Mercey promovierte 2016 am Institut für molekulare und zelluläre Pharmakologie des Technologie- und Wissenschaftspark Sophia Antipolis in Frankreich. Aspekte seiner Doktorarbeit die sich mit der Regulation der Zelldifferenzierung beschäftigte publizierte Dr. Mercey prominent in hochrangigen Zeitschriften wie ‚Nature Communications‘ und ‚Development‘. Nach anschliessenden erfolgreichen Jahren als Postdoc in Paris wechselte Dr. Mercey 2020 in die Gruppe von Prof. Guichard und Dr. Hamel an der Universität Genf. Hier entwickelte und etablierte er eine hochauflösende Mikroskopietechnik (‚expansion microscopy‘) für die Netzhaut, die er sehr effektiv für Studien zum Aufbau von Sehzellen einsetzte.
Mit dieser Methode konnte Dr. Mercey die Architektur des Ziliums in den Sehzellen detaillierter beschreiben und die intrazelluläre Position z.B. von Lebercillin bestimmen. Er zeigte, dass das Fehlen von Lebercillin im Tiermodell zu Problemen bei der Neubildung jener intrazellulären Membranstrukturen führt, die für den Einbau des lichtsensitiven Sehpigments unerlässlich sind. Die gentherapeutische Einbringung des Gens ‚LCA5‚ welches für Lebercillin kodiert, korrigierte die Ziliumarchitektur und sicherte dadurch das Überleben der Sehzellen. Die von Dr. Mercey präsentierten Daten sind nicht nur für das bessere Verständnis der Sehzellarchitektur überaus wertvoll, sondern auch für Patienten mit Leber‘scher kongenitalen Amaurose (Typ 5) relevant. Die von Dr. Mercey und seinem Team gewonnenen Erkenntnisse bringen eine Gentherapie für diese Patienten einen Schritt näher an die Klinik und helfen, die Wirksamkeit einer solchen Therapie gezielt zu bestimmen.
Die Pro Retina – Stiftung zur Verhütung von Blindheit, der PRO RETINA Deutschland e.V. und deren Wissenschaftlich-Medizinischer Beirat, die Retina Suisse sowie die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft wünschen Herrn Dr. Mercey weiterhin viel Erfolg bei seiner Arbeit und gratulieren ihm herzlich zu dem Preis, der mit einer Barsumme von 5.000 Euro dotiert ist.
(Laudatio verfasst von Prof. Dr. Christian Grimm, Forschungsleiter an der Augenklinik des Universitätsspitals Zürich. Mitglied des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirates des PRO RETINA Deutschland e. V.)
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Klinischer Forschungspreis 2024:
Priv.-Doz. Dr. med. Kristina Pfau
Laudatio
Der Wissenschaftlich Medizinische Beirat des PRO RETINA Deutschland e.V., sowie
der Pro Retina – Stiftung zur Verhütung von Blindheit, bestehend aus den Professoren Christian Grimm, Frank Holz, Ulrich Kellner, Thomas Langmann, Klaus Rüther, Hendrik Scholl, Olaf Strauss, Marius Ueffing, Bernhard Weber sowie Dr. Claus Gehrig und Franz Badura hat
Priv.-Doz. Dr. med. Kristina Pfau
den Klinischen Forschungspreis 2024 der Pro Retina – Stiftung zur Verhütung von Blindheit,
des PRO RETINA Deutschland e.V. und der Retina Suisse
für fünf zusammenhängende Originalarbeiten zuerkannt.
Prämierte Arbeiten:
- 1. Hess K, Gliem M, Birtel J, Müller P, Hendig D, Andrews C, Murray IJ, Holz FG, Charbel Issa P. Impaired dark adaptation associated with a diseased Bruch membrane in pseudoxanthoma elasticum. Retina. 2020 Oct;40(10):1988-1995
- 2. Hess K, Gliem M, Charbel Issa P, Birtel J, Müller PL, von der Emde L, Herrmann P, Holz FG, Pfau M. Mesopic and Scotopic Light Sensitivity and Its Microstructural Correlates in Pseudoxanthoma Elasticum. JAMA Ophthalmol. 2020 Dec 1;138(12):1272-1279.
- 3. Hess K, Raming K, Charbel Issa P, Herrmann P, Holz FG, Pfau M. Inner retinal degeneration associated with optic nerve head drusen in pseudoxanthoma elasticum. Br J Ophthalmol. 2023 Apr;107(4):570-575.
- 4. Loewinger AS, Pfau M, Herrmann P, Holz FG, Pfau K. Choriocapillaris Flow Signal Impairment in Patients With Pseudoxanthoma Elasticum. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2023 Feb 1;64(2):21.
- 5. Pfau K, Jeffrey BG, Cukras CA. Low-dose Supplementation with Retinol improves Retinal Function in Eyes with Age-Related Macular Degeneration but without Reticular Pseudodrusen. Retina. 2023 Sep 1;43(9):1462-1471.
Die Arbeiten tragen essenziell zum Verständnis der frühen Krankheitsprogression von Pseudoxanthoma elasticum (PXE) und altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) bei und entstammen aus der Tätigkeit von Frau Dr. Pfau an der Universitäts-Augenklinik Bonn gefördert durch ein BONFOR-Gerok-Stipendium der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn sowie aus ihrer Zeit am National Eye Institute (NEI), Bethesda, USA, gefördert durch ein DFG-Forschungsstipendium.
Die übergreifende Thematik der Arbeiten ist die Entwicklung und Validierung von funktionellen Endpunkten.Bei PXE handelt es sich um eine seltene genetische Erkrankung, die neben Gefäß- und Hautveränderungen zu einer Kalzifikation der Bruch Membran im Auge führt. Eine wesentliche Herausforderung von Therapiestudien in diesem Bereich ist, dass die eigentliche Krankheitsprogression (Kalzifikation der Bruch Membran) nicht anhand von konventionellen Parametern wie der best-korrigierten Sehschärfe (BCVA) beurteilt werden kann. Die gleiche Herausforderung besteht parallel für die frühe und intermediäre AMD.
In der ersten Arbeit wird die verlangsamte Dunkeladaptation als frühestes Symptom bei Patienten mit PXE objektiviert. Hier wurde auch die potentielle Reversibilität der Stäbchen-Dysfunktion durch eine orale Vitamin A Gabe gezeigt.
In einer weiteren Arbeit wurde die ortsgenaue Sensitivität von Zapfen und Stäbchen bei PXE mittels dunkeladaptierter Zweifarben-Mikroperimetrie untersucht – auch mit Struktur- und Korrelationsanalyse basierend auf einem KI-Algorithmus. Hier wurde gefunden, dass die Sensitivitätsminderungen der zentrifugalen Ausbreitung der Kalzifizikation folgen.
Die dritte Arbeit zeigt auf, dass das häufige Vorhandensein einer Drusenpapille bei PXE-Patienten zu einer signifikant dünneren Ganglienzellschicht und eingeschränktem Gesichtsfeld führen kann. Dies hat Relevanz für die klinische Versorgung von PXE-Patienten als auch für Anschlussprojekte, die in einer Evaluierung von neuroprotektiven und drucksenkenden Therapieansätzen als mögliche Prävention des Fortschreitens der funktionellen Veränderungen münden soll.
In der vierten Arbeit wird auf Sekundäreffekte der Kalzifikation der Bruch Membran auf die angrenzende Choriokapillarisschicht bei PXE hingewiesen. Auch hier zeigt sich eine Ortsabhängigkeit der Choriokapillaris-Flussausfälle in Abhängigkeit von der Exzentrizität der Papille, was durch die frühere und stärkere Kalzifikation im zentralen Netzhautbereich zusammenhängt.
Schließlich wurde in der fünften Arbeit prospektiv eine Gabe von Retinol auf die Sehfunktion bei intermediärer AMD untersucht. Hier zeigte sich eine Verbesserung, jedoch nur bei Patienten ohne retikuläre Pseudodrusen/subretinal drusenoid deposits (SDDs). Daraus kann gefolgert werden, dass auch bei der AMD eine verminderte Durchlässigkeit der Bruch’schen Membran eine wichtige Rolle für die Dysfunktion spielt.
Zur Person von Frau PD Dr. Kristina Pfau
Frau Priv.-Doz Dr. med. Kristina Pfau hat ihre Facharztweiterbildung an der Universitäts-Augenklinik Bonn absolviert und hat sich an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn habilitiert. Ihre erfolgreiche wissenschaftliche Tätigkeit führte bereits zu 33 Publikationen in hochrangigen peer-reviewed Zeitschriften. Sie hat außerdem in umfänglich Drittmittel eingeworben. Sie ist kürzlich an das Universitätsspital Basel gewechselt und leitet dort die Sektion Medical Retina. Frau Dr. Pfau zählt sicherlich national und international zum hoffnungsvollsten akademischen Nachwuchs/Clinicial Scientist in der Ophthalmologie. Von ihr sind sicherlich auch in Zukunft weitere wesentliche Beiträge zu erwarten.
Die Pro Retina – Stiftung zur Verhütung von Blindheit, der PRO RETINA Deutschland e.V. und deren Wissenschaftlich-Medizinischer Beirat, die Retina Suisse sowie Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft wünschen Frau Priv.-Doz. Dr. med. Kristina Pfau weiterhin viel Erfolg bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit und gratulieren ihr sehr herzlich zu dem Preis, der mit 5.000 Euro dotiert ist.
(Laudatio verfasst von Prof. Dr. Frank G. Holz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn und Mitglied des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirates des PRO RETINA Deutschland e.V.)