1. Organe der Stiftung
Am 21. Mai 2016 wurden die Organe der Stiftung durch die Delegiertenversammlung der Pro Retina Deutschland e.V. für die Jahre 2017 bis 2020 neu besetzt.
Dem Vorstand gehörten folgende Personen an:
Maria Kretschmer, Dachau, (Vorsitzende), Franz Badura, Amberg, (stellvertretender Vorsitzender); Prof. Dr. Karl-Josef Gundermann, Köln; Helma Gusseck, Bonn; Günter Kretschmer, Dachau
Dem Stiftungsrat gehörten folgende Personen an:
Prof. Dr. Helmut Papp, Leipzig, (Vorsitzender); Prof. Dr. Jürgen Mertes, St. Augustin, (stellvertretender Vorsitzender seit 18.06.2019); Gerhard Hedderich, Laatzen, (bis Juni 2019); Dr. Karin Langhammer, Holzkirchen; Dr. Rainald von Gizycki, Bad Nauheim; Prof. Dr. Reto Weiler, Oldenburg
Am 17. Oktober 2020 wurden die Organe der Stiftung durch die Delegiertenversammlung der Pro Retina Deutschland e.V. für die Jahre 2021 bis 2024 neu besetzt.
Dem Vorstand gehören folgende Personen an:
Maria Kretschmer, Dachau, (Vorsitzende); Reinhard Rubow, Ammerbuch, (stellvertretender Vorsitzender); Prof. Dr. Karl-Josef Gundermann, Köln; Günter Kretschmer, Dachau
Dem Stiftungsrat gehören folgende Personen an:
Helma Gusseck, Bonn, (Vorsitzende); Prof. Dr. Jürgen Mertes, St. Augustin; (stellvertretender Vorsitzender); Thomas Duda, Holzkirchen; Michael Emmerich, Berlin; Prof. Dr. Helmut Papp, Leipzig
2. Bericht über die Forschungsförderung
Gemäß dem in der Satzung festgelegten Zweck der Stiftung, die Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen zu fördern, hat die Stiftung im Jahre 2020 mit einer Gesamtsumme von rund 156 T€ folgende Aktivitäten durchgeführt:
Es wurden zu den bereits laufenden Stipendien und Projekten ein Promotionsstipendium in Berlin neu vergeben, ein Projekt an der Universität Nijmegen und ein Projekt an der Universität Bonn bewilligt, zwei Forschungspreise verliehen sowie vier Kleinprojekte an den Universitäten Dresden und Leipzig bewilligt. Das jährliche Kolloquium für junge Forscher in Potsdam musste leider wegen Corona abgesagt werden.
Im Einzelnen sind dies folgende Aktivitäten:
2.1. Promotionsstipendien
Neben den noch laufenden, bewilligten Promotionsstipendien wurde ein weiteres Promotionsstipendium in Berlin neu vergeben.
Charité Universitätsmedizin Berlin, Experimentelle Ophthalmologie, Klinik für Augenheilkunde, Prof. Dr. Olaf Strauß und
Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie, Jena, Gruppe Immunregulation, Prof. Dr. Christine Skerka Doktorandin: Andjela Sekulic
„Komplement Signaling beim immunogenen Switch der RPE Funktion bei AMD“
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) stellt die häufigste Form der Erblindung in industrialisierten Ländern dar. Trotzdem die anti-VEGF-A-Therapie bei der Behandlung der feuchten Form einen Durchbruch darstellt, besteht ein bisher nicht adressierter Bedarf an einer Verbesserung der bestehenden Behandlung sowie der Bedarf an einer Therapie für die trockene Form der AMD. Die Allele mit Risikoassoziation zur AMD belegen eine Beteiligung des angeborenen Immunsystems an der Entstehung der Erkrankung, vor allem scheint eine Hyperaktivität des Komplementsystems durch ineffiziente Hemmung zu bestehen. Für unsere Hypothese gehen wir davon aus, dass die Erkrankung im retinalen Pigmentepithel (RPE) entsteht, das einen Teil der Blut- / Retinaschranke darstellt und durch diese Barrierefunktion als auch durch eine immunhemmende sekretorische Aktivität für das Immunprivileg der Netzhaut sorgt. Für unser Projekt haben wir darauf basierend die Hypothese aufgestellt, dass Komplement im Rahmen einer chronischen Parainflammation zu einem immunogenen Switch der Funktion des RPE führt, der im Wechsel von der Immunhemmung zu einer Förderung von Immunreaktionen besteht. Diese neue Rolle des Komplementsystems entsteht durch intrazelluläre Komplementaktivierung im RPE und durch differentielle Effekte der C3 und C5 Spaltprodukte, die einerseits degenerativ, aber auch regenerativ wirken können. Hierzu werden wir die Oberflächenaktivierung des Komplements am RPE auf der molekularen, zellulären Ebene sowie im Tiermodell untersuchen. Die zu untersuchenden Mausmodelle basieren zum einen auf einer verminderten Kontrolle des angeborenen Immunsystems in Verbindung mit dem erhöhten Alter der Tiere oder auf der Lichtschaden-induzierten Aktivierung von Immunzellen. Die Untersuchung von Seren von AMD Patienten wird die Übertragung auf die Situation im Patienten ermöglichen. Auf der molekularen Ebene werden wir die intrazelluläre Aktivierung des Komplements im RPE und auf der zelluläre Ebene die Signalwege der Anaphylatoxin-Rezeptoren untersuchen. Zusammenfassend werden unsere Daten die Mechanismen des immunogenen Switch erarbeiten und Wege aufzeigen, wie das regenerative Potential des Komplementsystems für neue therapeutische Ansätze genutzt werden kann.
2.2. Forschungsprojekte
2.2.1. Kleinprojekte
Folgende Kleinprojekte wurden bewilligt:
TU Dresden, Forschungslabor Dr. Mike Karl, Robert Münch
„Erforschung von Modellen für Narbenbildung und Pathologien von Gliazellen mit Relevanz für Patienten mit AMD und angeborenen Netzhauterkrankungen“
Universität Leipzig, Institut für Anatomie, Dr. Peter Wieghofer
„Phänotypisierung humaner Makrophagenpopulationen bei chorioretinaler Degeneration“
Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Dr. Zohreh Hosseinzadeh
„Advancing the Retina Implant: The Selective electrical stimulation of ON and OFF Retinal Ganglion cells in normal and degenerated mouse retina“
Technische Universität Dresden, Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD),Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dr.Wittig,
„Subretinale Transplantation von aus humanen Netzhautorganoiden generierten Photorezeptorzellen in Augen von Schweinen mit und ohne Netzhautdegeneration“
2.2.2. Projekte
Radboud University Medical Center, Nijmegen, Department of Human Genetics, Prof. dr. Frans P.M. Cremers
“Sequenzanalyse von Makulopathie-Probanden“
„Hochdurchsatz-Sequenzanalyse von Makulopathie-Probanden unter Verwendung von smMIPs für alle bekannten vererbbaren und multifaktoriellen Makulopathie-assoziierten Gene und Risikofaktoren“
Makuladegeneration (MD) ist eine Hauptursache für Sehstörungen. Sie wird in seltenen vererbbaren Formen (Prävalenz ~1/5.000) diagnostiziert, von denen die ABCA4-assoziierte autosomal rezessive Stargardt-Krankheit (STGD1) am häufigsten auftritt. Weitere 76 Gene sind an vererbbarer MD beteiligt. MD wird auch unter multifaktoriellen Bedingungen beobachtet, am häufigsten altersbedingte MD (AMD), mit einer Prävalenz von 3,6% bei Personen im Alter von 55 bis 59 Jahren und einem Anstieg auf 27,4% bei Personen im Alter von ≥ 85 Jahren. Seltene und häufige genetische Varianten an 34 Loci wurden mit AMD in Verbindung gebracht, einschließlich mehrerer hochpenetranten Mutationen in Genen des Komplementsystems.
In der genetischen Diagnostik von vererbbaren MDs sind die Erfolgsraten (~40%; ohne Stargardt-Krankheit aufgrund von ABCA4-Varianten) zur Identifizierung der zugrunde liegenden Mutation(en) die niedrigsten unter allen vererbbaren Netzhauterkrankungen (IRDs). Die geringe Anzahl neuartiger IRD-Genentdeckungen im Zeitalter der Exom- und Genomsequenzierung lässt darauf schließen, dass es nur wenige unbekannte MD-Gene gibt. Versteckte Mutationen wie genomische Defekte und intronische Varianten scheinen nur bis zu 10% aller Mutationen auszumachen. Es gibt eindeutige Hinweise auf eine unvollständige Penetranz und variable Expression von MDs sowie auf die Existenz bisher unbekannter Modifikatoren, wie sie ABCA4-assoziierte STGD1- und PRPH2-assoziierte MD beeinflussen. Ein weiterer komplizierender Faktor ist, dass die Unterscheidung zwischen AMD und vererbbarer MD eine Herausforderung darstellen kann und bei Gentests Fehldiagnosen gemeldet wurden.
Wir nehmen an, dass 1) viele MD-Fälle durch multiple Genvererbung von Allelen in MD / AMD-Genen verursacht werden können, während 2) einige AMD-Fälle falsch diagnostizierte vererbbare MD-Patienten darstellen können.
Universität Bonn, Augenklinik, Prof. Dr. Volker Busskamp
„Anschaffung eines MEA2100-Lite-Systems zur Messung der Funktion der Netzhaut auf Ebene der Ganglionzellen“
Forschungsüberblick der Arbeitsgruppe
Meine Forschungsziele im Rahmen der Fortführung der PRO RETINA Stiftungsprofessur in der Augenklinik des Universitätsklinikum Bonns sind die Entwicklung von innovativen Therapien, um degenerative Netzhauterkrankungen zu stoppen, zu verlangsamen sowie die Wiederherstellung des Sehens nach Erblindung zu ermöglichen. Ein spezieller Schwerpunkt zielt darauf ab, die Struktur und Funktionen von Zapfenphotorezeptoren zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Diese Photorezeptorart ist besonders bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) betroffen. Da Licht in elektrochemische Signale in den äußeren Segmenten umgewandelt wird, sind diese lichtsensitiven „Antennen“ von besonderer Bedeutung. In vielen Krankheiten der Netzhaut, die zur Blindheit führen, sind diese Antennen zuerst durch Degeneration betroffen. Zwecks Prävention habe ich vor, die äußeren Segmente der Photorezeptoren mittels microRNAs zu schützen (Neuron 2014) und Mutationen gezielt und präzise in reifen Photorezeptoren durch die Genschere Cas9 zu korrigieren (Genomic Engineering im Rahmen des SPP 2127 Projektes). Wenn die äußeren und inneren Segmente der Photorezeptoren bereits degeneriert bzw. dysfunktional sind, stellt die Optogenetik eine hervorragende mutationsunabhängige Methode dar, um Photorezeptorzellen wieder lichtsensitiv zu machen (Science 2010, Nature Neuroscience 2014). Sobald die Photorezeptoren vollständig degeneriert sind, stellt die Zellersatztherapie, d.h. die therapeutische Transplantation von neuen gesunden Photorezeptoren in die Retina, einen innovativen zukünftigen Ansatz dar. Zu transplantierende Photorezeptoren können derzeit schon aus sogenannten retinalen Organoiden (organähnliche 3D Gewebe), welche aus menschlichen induzierten Stammzellen (iPSC) generiert werden, gewonnen werden. Diese 3D-Methode verlangt Inkubationszeiten von mehreren hundert Tagen (Stem Cell Reports 2016). In Harvard und in Dresden habe ich erfolgreich an schnelleren 2D Verfahren gearbeitet, d.h. der Herstellung von Nervenzellen aus iPSCs und deren molekularen Charakterisierung durch Systembiologie (MSB 2014, Cell Systems 2018, ERC starting Grant). In noch nicht publizierten Arbeiten konnten wir nun erstmals viel schneller Vorläuferzellen von Zapfenphotorezeptoren in 10 Tagen aus menschlichen Stammzellen generieren (Patentantrag eingereicht). Aus menschlichen Stammzellen entwickelte Modellsysteme sind ideal, um menschliche Krankheiten zu erforschen und Therapien zu entwickeln. Hierzu hat mein Team eine Vielzahl an innovativen Methoden etabliert, z.B. um funktionale menschliche Nervenschaltkreise ex vivo mittels elektrophysiologischer und live-imaging Methoden zu untersuchen (Scientific Reports 2017, Abbildung 1: Morphologische Veränderungen von Zapfen und therapeutische Ansätze zur Verhinderung des Sehverlustes oder Wiederherstellung des Sehens.
Freigeist Projekt). Wir benutzen auch Rhesusaffen Stammzellen, an denen wir virale Transduktionen von Genen, Genom Engineering und die Anwendung optogenetischer Werkzeuge testen. Dieses ist wichtig, da bisher zumeist präklinische Forschung im Labor in Mausmodellen durchgeführt wird, so dass viele Parameter wie virale Vektoren oder Promotoren zur Genexpression auf Mauszellen optimiert sind. Während der klinischen Erprobung wird meistens in Affenexperimenten festgestellt, dass diese Parameter suboptimal für Primaten sind. Daher werden die menschlichen und Rhesus-basierenden Stammzellmodelle zur Beschleunigung der klinischen Umsetzung innovativer Therapien dienen. Zusätzlich haben diese Modelle einen positiven gesellschaftlichen und patientenbedingten Einfluss, wenn Tierversuche durch klinisch relevante menschliche in vitro Systeme zum Teil ersetzt werden können. Zusammenfassend sollen folgende Projekte im Rahmen der W2 Professur für Degenerative Netzhauterkrankungen durchgeführt werden: 1. miRNA Vektoren zur Verhinderung des Sehverlustes 2. Genomic Engineering (Gen-Korrekturen ->DFG SPP 2127) 3. Optogenetik 4. Zellersatztherapien für Photorezeptoren 5. Multizelluläre Primaten in vitro Modellsysteme (retinale Organoide, 2D Schaltkreise)
Das beantragte MEA2100-Lite-System wird für alle Teilprojekte (1. – 5.) benötigt, um die Funktion der Netzhaut auf Ebene der Ganglionzellen zu messen. Dieses gibt uns essentielle Hinweise, inwieweit durch unsere Therapieansätze die Signalverarbeitung in der Netzhaut wiederhergestellt bzw. erhalten ist. Daher wären wir sehr dankbar, wenn die Anschaffung des MEA2100-Lite-Systems bewilligt werden würde. Dieses würde unsere Forschung maximal und langjährig unterstützen. Vielen Dank!
2.3. Forschungspreise
Wegen der hohen Qualität der eingereichten Arbeiten wurden 2020 zwei Forschungspreise für Grundlagenforschung vergeben
Der erste Forschungspreis wurde
Frau Josephine Jüttner M.Sc.Institute of Molecular and Clinical Ophthalmology Basel zuerkannt, und zwar für ihre Publikation, zum Thema
„Targeting neuronal and glial cell types with synthetic promoter AAVs in mice, non-human primates and humans“
Jüttner J, Szabo A, Gross-Scherf B, Morikawa RK, Rompani SB, Teixera M, Hantz P, Szikra T, Esposti F, Cowan CS, Bharioke A, Patino-Alvarez CP, Keles Ö, Kusnyerik A, Gerber-Hollbach N, Azoulay T, Hartl D, Krebs A, Schübeler D, Hajdu RI, Lukats A, Nemeth J, Nagy ZZ, Wu K-C, Wu R-H, Xiang L, Fang X-L, Jin Z-B, Goldblum D, Hasler PW, Scholl HPN, Krol J, Roska B, Nature Neuroscience, 2019; 22:1345-1356
Frau Jüttner hat zusammen mit ihren Co-Autoren in dieser Arbeit dargestellt, dass unterschiedliche neuronale und gliale Zelltypen bei Mäusen, bei höheren Primaten wie auch beim Menschen mit synthetischen Promotoren sehr effizient Zelltyp-spezifisch durch adenoassoziierte (AAV) Viren transfiziert werden können. Um dies zu ermöglichen, haben Frau Jüttner und ihre Co-Autoren eine Bibliothek von 230 AAV-Viren kreiert, wobei jeder einzelne AAV-Typ unterschiedliche Promotoren trägt. Diese Bibliothek ist speziell für die translationale Forschung bei Gentherapie von großer Bedeutung, um zelltypspezifische Therapeutika beim Menschen, etwa bei Retinitis Pigmentosa oder Makuladystrophien entwickeln zu können. Besonders wichtig ist die Beobachtung, dass je nach Spezies durch den gleichen AAV-Typ unterschiedliche Zelltypen adressiert werden, also die Übertragbarkeit von Transfektionsergebnissen zwischen den Spezies nur sehr begrenzt ist. Damit haben Frau Jüttner und ihr Team eine einzigartige, wirtschaftlich machbare und effiziente spezies- und zelltypspezifische Möglichkeit für grundlagenwissenschaftliche Arbeiten wie auch für gentherapeutische neue Therapiemöglichkeiten bei degenerativen Netzhautdystrophien geschaffen.
Zur Person der Preisträgerin:
Frau Josephine Jüttner hat einen Bachelor of Science in Biologie an der Universität Basel sowie einen Master of Science in Molekularbiologie an der gleichen Universität 2008/2009 abgelegt und dann als Teilzeitstudentin im Labor von Prof. Botond Roska am Friedrich Miescher Institut für Biomedizinische Forschung in Basel die Aufgabe der Maus-Genotypisierung übernommen. Von 2010-2017 hat sie dann als wissenschaftliche Assistentin in Prof. Roska‘s Labor ein eigenes Projekt umgesetzt, das Grundlage der mit dem Preis ausgezeichneten Arbeit in Nature Neuroscience 2019 ist. In diesem Rahmen war sie für die Generierung von adenoassoziierten Viren für 25 Wissenschaftlergruppen tätig und war damit Teil eines ganz besonderen wissenschaftlichen Netzwerks der retinalen Grundlagenforschung. Seit 2018 ist sie Leiterin der Plattform „Komplexe Viren“ des Instituts of Molecular and Clinical Ophthalmology in Basel (IOB). Ihre Publikationsliste weist 12 Arbeiten auf, davon mehrere in höchstrangigen Journalen, die sie als eine erfolgreiche Wissenschaftlerin mit hoffnungsvoller Zukunft im Bereich der retinalen Grundlagenwissenschaften ausweisen.
Der zweite Forschungspreis wurde
Frau Dr. Dasha Elena Nelidova Institute of Molecular and Clinical Ophthalmology Basel zuerkannt, und zwar für ihre Arbeit zum Thema
„Restoring light sensitivity using tunable near-infrared sensors“
Nelidova D, Morikawa RK, Cowan CS, Raics Z, Goldblum D, Scholl HPN, Szikra T, Szabo A, Hillier D, Roska B, Science 2020; 368:1108-1113
In ihrer Arbeit hat Frau Dr. Nelidova zusammen mit ihren Co-Autoren Gold-Nanopartikel in nicht mehr funktionsfähige Zapfenphotorezeptoren von pde6b-Mäusen eingebracht, und zwar mit Hilfe eines Antikörpers, der diese Nanopartikel an die transient receptor potential channels (TRP channels) binden kann. Ziel war es, diese wärmeempfindlichen TRP-Proteine mit Hilfe der Infrarot-absorbierenden Gold-Nanopartikel anzusprechen, um damit bei blinden Organismen Sehleistungen im Infrarotbereich zu ermöglichen. Tatsächlich war es nach dieser Behandlung den blinden Mäusen möglich, visuelle Verhaltensaufgaben, die mit Infrarotlicht dargeboten wurden, erfolgreich zu absolvieren. Auch der Nachweis der durch Infrarotlicht ausgelösten Signale in der aufsteigenden Sehbahn bis zum visuellen Kortex konnte durch Kalzium-Bildgebung erbracht werden. Der Nachweis, dass dies auch beim menschlichen Auge möglich ist, wurde in Zapfenphotorezeptoren von Donor-Augen erbracht. Damit stellt diese Arbeit einen wesentlichen Durchbruch eines Verfahrens dar, das die wärmeempfindlichen Rezeptoren der vertebralen Netzhäute für die Übermittlung von infrarotgenerierten Bildern ermöglicht.
Zur Person der Preisträgerin:
Frau Dr. Nelidova ist forschende Ärztin. Sie hat ihre neurowissenschaftliche Promotion mit summa cum laude bei Prof. Botond Roska im Friedrich Miescher Institut für Biomedizinische Forschung in Basel erbracht, im Rahmen eines MD-PhD fellowships der Schweizer Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Bereits 2010 hatte sie ein „medical elective“ am Brain Research Institut der Universität Zürich absolviert. Zuvor hat sie von 2005-2012 einen Bachelor of Medicine und einen Bachelor of Surgery an der Universität von Auckland in Neuseeland über Reparaturmechanismen bei Rückenmarksverletzungen absolviert, und dafür einen „Senior-Award in Medicine and Surgery“ erhalten, sowie den John Hamel Mc Gregor Award in Medical Sciences, den Bright Sparks Award for Research, den Best Poster Preis des Royal Australian and New Zealand College of Ophthalmologists` Scientific Congress und war Finalistin im Best Paper of the World Cornea Congress VI. Auch zur Frage, wie spezifisch MicroRNA die Integrität der Zapfenaußensegmente regulieren kann, hat sie beigetragen (Drittautorin im Paper von Busskamp et al. 2014 in Neuron 83:586-600). Auch zwei Buchkapitel hat sie verfasst, darunter über Optogenetik für die Behandlung retinaler Erkrankungen (Nelidova und Eposti, 2017, Cambridge University Press 327-336).
Zweifelsohne gehört Fr. Dr. Nelidova zu den herausragenden jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen im Bereich der Therapieentwicklung bei Netzhautdegeneration.
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, die PRO RETINA, die Retina Swiss und der Wissenschaftlich Medizinische Beirat der PRO RETINA wünschen den Preisträgerinnen bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten weiterhin besten Erfolg und gratulieren herzlich zu dieser Ehrung.
(Laudationes verfasst von Prof. Dr. med. Eberhart Zrenner, Forschungsinstitut für Augenheilkunde der Universität Tübingen, Vorsitzender des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirates der PRO RETINA)
März 2021
Der Vorstand